Lumen Tenebris | Konzept

Gott in Farben sehen



Abb.: »Gott in Farben sehen«;
Stephansdom, Wien



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Die Idee

Viele, vor allem junge Menschen, aus Wien und Umgebung haben sich auf den Weg zur Metropolitan-, Dom- und Pfarrkirche zum heiligen Stephanus und Allen Heiligen gemacht. Und stellen Sie sich einmal vor, es ist Samstagnacht 22.00 Uhr. In der Wiener Innenstadt sind unzählige Menschen unterwegs, die gezielt zum Stephansdom gekommen sind oder in der Innenstadt ihre Freizeit verbringen wollen. Sie bleiben vor den offenen Türen des Domes stehen und sehen den Kirchenraum in verschiedenen zur Musik wechselnden Farben illuminiert. Musik dringt bis auf die Straße. Tausend kleine brennende Lichter, die von Besuchern am Volksaltar aufgestellt wurden, und der effektvoll ausgeleuchtete Kirchenraum ziehen sie in das Innere. Sie treten ein. Musik umhüllt sie sofort mit sanften und meditativen Klängen. Der ganze Kirchenraum ist in Licht getaucht und überall brennen Kerzen. Sie hören die Musik. Jetzt erst entdecken sie die vielen Menschen, die still im Kirchenraum sitzen und Licht und Musik auf sich wirken lassen. Sie nehmen Platz und tauchen ein in Licht und Klang. Die Lichter und die Musik nehmen sie mit auf den Weg, neue Formen der Anbetung, der Gotteserfahrung und der Spiritualität können entstehen.

Das Ziel

Für den Zeitraum der »Langen Nacht der Kirchen« soll für die Besucher durch das Eintreten in Licht und Musik ein positives und spirituelles Erlebnis eröffnet werden.Die Installation will mit diesem Beitrag zur »Langen Nacht der Kirchen« den Gästen und den Menschen in der Innenstadt einen niederschwelligen, unmittelbaren und zeitgemäßen Zugang zu einer Grundaussage unserer christlichen Botschaft bieten:

 Es gibt einen, der dich liebt, wie du bist: Gott. Bei ihm darfst du ganz du selber sein und auf ihn darfst du hoffen. Vor ihm darfst du dich vergessen, alte Wege verlassen und neu beginnen. Er schenkt dir Räume und Begegnungen, in denen du neue Hoffnung und neue Perspektiven für dein Leben entdecken kannst. Er schenkt dir den wahren Frieden für dein Leben, er führt dich zu neuer Lebendigkeit und zur Fülle deiner Möglichkeiten. (… .ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben. Joh 10, 10) – Wo wir Menschen das erfahren, da spüren wir: hier berühren sich Himmel und Erde! Da ist Kirche mitten unter uns Menschen, da sind wir Kirche (Gottes Tempel ist heilig und der seid ihr. 1 Kor 3,16). 

Angesprochen durch die ganz unmittelbaren Reize von Klang und Licht sollen die Besucher den Raum des Stephansdomes als einen solchen Kristallisationspunkt erleben, in dem sich Himmel und Erde berühren und wo dort sich im eigentlichen Sinn Kirche bildet und entsteht.

Gott in Farben sehen

Der Eindruck von Farben wird in unserem Auge durch elektromagnetische Lichtwellen erzeugt, die, je nach ihrer Länge oder Kürze, verschiedene Empfindungen hervorrufen. Das weiße Licht der Sonne und der Beleuchtungskörper enthält alle Wellenlängen. Scheint es aber durch ein gläsernes Prisma oder durch einen Wassertropfen, so zerteil/spaltet es sich in die sieben Regenbogenfarben. Weiß und Schwarz sind darin nicht enthalten; sie nehmen eine besondere Stellung ein: Was keinerlei Licht aussendet, empfindet man als schwarz, die Lichtfülle dagegen beeindruckt das Auge als weiß.

»Die Schönheit der Farbe ist ihrer Natur nach einfach; sie hat ihren Grund darin, dass das Dunkel des Stoffes überwunden wird durch die Gegenwart des Lichtes, das gewissermaßen unkörperlich, geistig und ideal ist.«

Die Farbe erscheint zuerst am Feuer; von ihm empfangen die übrigen Dinge ihr Kolorit, indem die feurige Sonne oder eine glühende Leuchte sie bestrahlt. Als verschiedene Erscheinungen und dabei doch integrierende Elemente des einen, reinen Lichtes bewahrt jede Farbe in ihrer Art dieselben Vorzüge. Und wie das Licht im allgemeinen uns den über den Stoff erhabenen, reinen lebendigen Geist darstellt, so sind einzelne Farben Analogien oder Symbole besonderer Gegenstände oder, auf ethischem Gebiet, gewisser Tugenden und entsprechender Gesinnungen.

Farben gehören zu den stärksten, sprechendsten Ausdruckmittel. Sie werden zum Abzeichen von Persönlichkeiten, Nationen, Gemeinschaften und Familien, zur Kundgebung religiöser und politischer Einstellungen, von Trauer, Freude oder Huldigung, die aller Welt durch Fahnen, Wappen, Bändern und dgl. Kenntlich wird. Oft bestimmt, verstärkt oder ändert die Farbe den Sinn eines Symbols.

Zu den ältesten Zeugnissen von Farbensymbolik gehört die Zueignung bestimmter Farben an die sieben Hauptgestirne im Astralkult der Babylonier. An den spiralförmigen aufsteigenden Planetentürmen (Zikkuraten) trug jede Stufe ihre besondere Farbe.

Grundlegende Gedanken für diese Installation liefern die Vorschriften des mosaischen Gesetzes für die Anfertigung der Vorhänge des hl. Zeltes und der hohenpriesterlichen Gewänder: Da wiederholt sich nebst Gold immer wieder dieselben Farben: Weiß (Byssus), Purpur, Hyazinth (Blaupurpur) und Karmesinrot (coccus). Josephus Flavius legt diesen Farben einen symbolischen Sinn bei, der auf uralter Tradition beruht: Der Byssus, ein feines, weißes Linnen, bedeutet die Erde, die den Flachs hervorbringt; der dunkelrote Purpur das Meer, in dem die Purpurmuschel gefunden wird; der Blaupurpur die Luft, Karmesinrot das Feuer. Die beiden ersten Deutungen beziehen sich allerdings auf das Material, nicht auf die Farbe. Die Entsprechung von vier Hauptfarben und den vier Elementen war übrigens in der Alten Welt allgemein angenommen. – Der hl. Hieronymus wiederholt die Auslegung des Josephus Flavius und fügt als Begründung des kultischen Gebrauches hinzu, es sei geziemend, dass der Hohepriester nicht allein für das Volk Israel, sondern für die ganze Welt bete, „denn diese Welt besteht aus Erde, Wasser, Luft und Feuer, den vier Elementen des Alls“, an welche Farbe erinnern.

Auch in der Summa des hl. Thomas von Aquin begegnen wir nochmals der Deutung des Josephus Flavius und etwas weiter im selben Abschnitt einer moralischen Anwendung, die sich ähnlich bereits bei Origenes vorfindet und die mit unwesentlichen Verschiedenheiten zur stehenden Symbolik der alttestamentlichen Kultfarben in ihrer christlichen Beziehung wurde: Weiß ist Sinnbild der Reinheit, Purpur des Martyriums, Karmesin der Liebe, Hyazinthblau der Himmelsbetrachtung.

Auf die Farben an anderen Bibelstellen, besonders im Hohenlied und in der Apokalypse, werde ich später noch näher eingehen.

Der liturgische Farbenkanon der Paramentik wurde erst im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts festgelegt. Er entstand aus der symbolisierenden Tendenz des Mittelalters und aus mystischen Anschauungen und Betrachtungen, die eine gewisse Verwandtschaft fand zwischen den Farben, ihrer Wirkung auf das Gemüt und dem Inhalt der kirchlichen Feste und Zeiten mit ihrem besonderen Charakter. In frühchristlicher Zeit und im frühen Mittelalter, wie jetzt noch in der Ostkirche, gab es keine diesbezüglichen Regeln. Die heiligen Gewänder waren verschiedenfarbig, doch herrschte Weiß vor. Innozenz III. (1198-1216) spricht von vier Kirchenfarben: Weiß, Rot, Schwarz und Grün, die er der alttestamentlichen Vierzahl gegenüberstellt und deren Verwendung der Liturgie er mit symbolischer Begründung erläutert (vgl. die folgende Symbolik einzelner Farben).

Die Lichtskulptur in der Barbarakapelle

Zusätzlich zur Lichtinstallation wurde in der Barbarakapelle ein »Lichtkeil« installiert werden. Dieser steht diametral, der gotisch fein gegliederten Architektur und dem Kreuz welches das Zentrum der Skulptur bildet, gegenüber.Das Leben jedes einzelnen verläuft nicht immer geradlinig und ist ohne Mühsal und plagenden Problemen. Diese Situation stellt die Skulptur dar, sie bricht die Geradlinigkeit des Raumes auf und zeigt doch gleichzeitig, dass mit Gottvertrauen auch in diesen Situationen Gott auf krummen Wegen gerade schreibt. Jeder einzelne von uns ist nie »Gottlos«, sondern umsorgend und geborgen von ihm umgeben.


Das gesamte Konzept finden Sie hier als Download.

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