Lumen Tenebris | Konzept

Was wünschen Sie sich zu Weihnachten?



Abb.: »Was wünschen Sie sich
zu Weihnachten?«;
Citykirche, Mönchengladbach



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Die Idee

Voll bepackt mit Ihren Einkäufen, die Sie in der Mönchengladbacher Innenstadt erledigt haben, gestresst vom Lärm der Stadt, genervt von dem Gedränge in den Kaufhäusern und dem für diese Jahreszeit typischen kalten rheinischen Regenwetter, stehen Sie vor der Citykirche St. Mariae Himmelfahrt und Ihnen fällt ein: »Es ist ja schon wieder Adventzeit«. Sie gehen in die Kirche hinein, mit der Hoffnung ein wenig Ruhe und Erholung zu finden, vielleicht mit dem Wunsch ein kurzes Gebet für Ihre Angehörigen oder für sich selbst zu sprechen oder um an einem Andachtsbild eine Kerze mit einer bestimmten Intention zu entzünden.

Sie gehen hinein und erleben einen Kirchenraum, den sie so noch nie erlebt haben: Die Citykirche St. Mariae Himmelfahrt ist dezent beleuchtet, Musik durchflutet den Kirchenraum und vor dem Altar scheint ein Kind in einer Krippe zu liegen. Die Krippe, die aus Stoffbahnen besteht, welche vom Gewölbe bis fast zum Boden reichen, erstrahlt im hellen Licht. Das Kind in der Krippe, so erkennen sie bei näherem Hinsehen, besteht aus Gesichtern von Menschen aller Altersstufen. Viele Besucherinnen und Besucher haben an dieser Krippe Kerzen aufgestellt und zusätzlich liegt im weiten Mittelschiff der Kirche eine lange durchsichtige Matte. »Was wünschen Sie sich zu Weihnachten?« – Sie werden gebeten ihre Weihnachtswünsche auf die Matte zu schreiben.

Die Schönheit des Raumes, die schlichte Schönheit der Krippe und die Schönheit der Klänge regen in Ihnen ein anderes Bedürfnis an: Das Bedürfnis, zur Ruhe zu kommen. Sie spüren hier an diesem Ort ist etwas ganz besonderes, hier berühren sich Himmel und Erde, hier bin ich mehr als gut aufgehoben. Sie sehen nun, dass Sie nicht alleine im Kirchenraum sind, viele Mensche sitzen hier, beten, entspannen sich oder stellen Kerzen am Fuß der Krippe auf, die von diesen zusätzlich beleuchtet wird und so den strahlenden Mittelpunkt der Kirche bildet.

Und Ihnen fällt plötzlich ein, dass Weihnachten, das Fest der Menschwerdung Gottes, unmittelbar bevorsteht; vielleicht wird Ihnen an diesem Ort, trotz der ganzen Weihnachts-Dekoriererei, Plätzchenbacken, Festtagsessensvorbereitung usw. bewusst, worum es eigentlich geht bei diesem Fest und warum es in der Kirche überhaupt eine »Vorbereitungszeit«, eine Adventszeit gibt. Gedanken, die Sie mit nach Hause nehmen, wenn Sie wieder zurückgekehrt sind zu Mühe und Plage.

Die Installation

Die Krippen- und Lichtinstallation möchte die Besucherinnen und Besucher dazu einladen, ihre Weihnachtswünsche in einer ruhigen und angenehmen Atmosphäre zu bedenken und niederzuschreiben, sie vor Gott darbringen.

Die Krippe besteht aus zwei Stoffbahnen, die vom Deckengewölbe bis hinunter zum Altar reichen und dort zusammengenäht sind. Das »Jesuskind« in der Krippe ist eine Fotografie (ca. 90 cm groß) eines Säuglings, welche auf eine lichtleitende, transluzente Weich-PVC-Matte gedruckt wurde. Zusätzlich wird der gesamte Körper des Säuglings mit passbildgroßen Portraitaufnahmen von Menschen aller Altersstufen ausgefüllt bzw. gestalten diese die Fotografie. Die Stoffbahnen, die Jesuskind-Darstellung und die gotische Architektur der Apsis werden durch verschiedene Leuchtmittel dezent und in warmen Farbtönen ausgeleuchtet. Neben der Krippe wird für die Besucherinnen und Besucher auch die Möglichkeit bestehen, Opferkerzen aufstellen zu können. Das Tabernakel und die Marienskulptur in den Apsiden der beiden Seitenschiffe werden durch um sie geschlungene Stoffbahnen und dezente Beleuchtung in die Installation integriert. Im Mittelschiff der Kirche befindet sich eine ca. 20m lange weitere lichtleitende, transluzente Weich-PVC-Matte auf welche die Besucherinnen und Besucher mit schwarzen Stiften ihre Weihnachtswünsche aufschreiben sollen. Diese Matte wird später während der Gottesdienstfeier am Heiligen Abend um 22.00 Uhr mit den mitfeierden Menschen zum Stall um bzw. über die Krippe installiert werden. So wird aus den Wünschen der Menschen der Ort, in dem Gottessohn in die Welt hineingeboren wird, dies wird dann bis zum Ende der Weihnachtszeit (am ersten Sonntag nach dem 06. Januar 2007) in der Kirche installiert bleiben. Während der Advents- und Weihnachtszeit wird, entsprechende Musik zeitweise in den Raum eingespielt. Aber auch verschiedene Konzerte und die Fachtagung des Bistums Aachen zur Citypastoral, welche in der Kirche stattfinden wird, beziehen die Krippen- und Lichtinstallation in ihre Konzepte mit ein.

Der theologischer Hintergrund

Die installierte Stoffbahnen verdeutlichen zum Einen, dass die Kirche (symbolisiert durch den Sakralbau) das Kind in der Krippe trägt, so wie die Kirche ein Stück Himmlisches Jerusalem in der Welt darstellt, Sakrament ermöglicht und die Menschen durch die Taufe in das Reich Gottes integriert. Zum Anderen wird verdeutlicht, dass das Jesuskind, die Menschwerdung Gottes, sein Kommen in die Welt, erst Kirche ermöglicht und zusammenhält.

Das Kind in der Krippe besteht, beim näheren hinsehen, aus viele Gesichtern. Seit Anbeginn der Schöpfung ist der Mensch das Ebenbild Gottes. In der ersten Schöpfungsgeschichte (Gen 1,1 – 2,4) wird der Mensch ausdrücklich als Ebenbild Gottes bezeichnet. Das bedeutet nach damaligem Verständnis:

1. Der Mensch soll in der von Gott geschaffenen Welt Gottes Vertreter sein und darin in seinem Sinne und Auftrag Herrschaft ausüben.

2. Das Wesen des Menschen ist von Gottes Geist und Willen bestimmt.

Als Abbild Gottes hat der Mensch zu Gott eine besondere Verbindung – übrigens auch nach der Vertreibung aus dem »Paradies« –, denn von einem Verlust der Ebenbildlichkeit durch den »Sündenfall« ist im Alten Testament nichts ausgesagt.

Für Christen wurzelt die Menschenwürde zwar nicht ausschließlich, aber doch wesentlich in der Gottebenbildlichkeit. Das Leben und die »einzigartige Würde des Menschen« werden als Gottes unantastbare Gaben angesehen und geachtet. »Der Mensch verdankt sein Sein als Person der vorbehaltlosen Anerkennung durch Gott, die zur wechselseitigen Anerkennung der Menschen untereinander verpflichtet. … In christlicher Sicht verdankt sich personales Sein der schöpferischen Kraft der Liebe Gottes, die sich den Menschen zum personalen Gegenüber erschafft, und zwar in jedem neuen Werden eines Menschen.« Tatsache ist allerdings, dass der Mensch seine Gottebenbildlichkeit bei sich selbst und anderen nur wenig und manchmal gar nicht wahrnimmt; vielmehr scheint sein Aussehen und Verhalten dieser Behauptung sehr oft geradezu zu widersprechen; z. B. wenn er andere foltert, mordet, Kriege führt, die Umwelt und auch sich selbst mutwillig zerstört.

Im Neuen Testament wird nur Christus als Ebenbild Gottes bezeichnet (Heb 3 / 2. Kor 4,4); der Mensch wird (wieder) Bild Gottes, wenn er Christus nachfolgt, d.h. ihm ähnlich wird (2. Kor 3,8). Die Gottebenbildlichkeit des Menschen lässt sich also nur durch den Glauben wahrnehmen und Wahr machen. Darin liegen Chance und Herausforderung zugleich: Wer damit rechnet, wird den Menschen nicht nur aus sich selbst heraus und nach seinem Aussehen und Verhalten bewerten, sondern nach mehr fragen. Aber auch Menschen, die nicht an Gott glauben, können auf die in dem Glaubenssatz vom »Ebenbild« liegende Frage eingehen: Gibt es eigentlich noch eine andere Wirklichkeit als die des Menschen selbst und seiner Umwelt, von der her er sich und andere verstehen und bewerten kann? Der Glaube an die Gottebenbildlichkeit des Menschen hat jedenfalls ganz praktische Auswirkungen. So soll der jüdische Rabbi Hillel einmal das Baden als gutes Werk bezeichnet haben, da er mit seinem Körper ja das Ebenbild Gottes pflege. Wer so im Umgang mit sich selber denkt, wird das Ebenbild Gottes auch in anderen Menschen sehen. Es lohnt sich, einmal für sich oder zusammen mit anderen sich bewusst zu machen, was es heute ganz konkret bedeutet: Der Mensch als Ebenbild Gottes.

Die Wünsche der Mensche, egal wie profan sie zum Teil erscheinen können, sind ein Sehnen nach Frieden und Ruhe, nach besseren Lebensbedingung usw., welche so in der Kirche vor Gott dargebracht werden. Aus diesen Wünschen, Anliegen der Menschen wird im Weihnachtsgottesdienst der Stall in dem die Menschwerdung Gottes sich ereignet, erbaut. Gott nimmt unsere Anliegen ernst und wahr, sie sind ganz nah bei ihm. In diesem Sinne handelt es sich bei dieser Krippen- und Lichtinstallation auch nicht um ein Spektakel, das den Kirchenraum nur als Baukörper benutzt. Es geht vielmehr, darum ihn von seinem Wesen und seiner Bestimmung her aufzugreifen und diese Intention in neue Medien und Formen zu übertragen und fortzuführen. Dabei bleiben alle wesentlichen Elemente dieser heiligen Räume unangetastet. Aus diesem Grund sollten auch die konsekrierten Hostien an ihrem Ort im Tabernakel bleiben. Ein Räumen des Tabernakels wäre sogar kontraproduktiv, da damit eine vermutete Unvereinbarkeit der Installation mit diesem Ort eingestanden würde. Stattdessen versucht die Installation den Ort des Tabernakels in das Gesamtkonzept zu integrieren. Die Präsenz Gottes im geheiligten Brot während einer Installation ist Ausdruck der Überzeugung, dass die Inkarnation Gottes kein geschichtlich abgeschlossenes Ereignis ist, sondern ein dynamischer Prozess, der sich fortwährend in seiner Kirche und ihren Lebensäußerungen vollzieht. So auch in ihren aktuellen Bemühungen, die Botschaft vom befreienden Gott mit den zeitgemäßen Medien in solchen Installationen erfahrbar zu machen. Der Gebrauch von Licht, Musik und anderen Materialien vermeidet die Reduktion auf eine einzige Kommunikationssituation und ermöglicht so unterschiedliche Kommunikationsformen für die communio von Gott und Mensch. Durch die Kombination so verschiedener Medien wird eine heilsame Wirkung des Sakralraums auf den Besucher erstrebt, was der Urintention sakraler Räume entspricht.

Advent

Das Wort Advent geht auf das lateinische »adventus« zurück, das übersetzt »Ankunft« heißt und vier Wochen vor Weihnachten auf die Geburt Christi hinweist. Die Kirche bezeichnet den Advent daher als eine Zeit »freudiger Erwartung«. Andererseits gilt die Adventszeit mit Blick auf die Wiederkunft Christi als Zeit der Besinnung, der Einkehr und der Umkehr, ebenso wie die Passionszeit vor Ostern. In dieser Fasten- und Bußzeit wurde früher weder getanzt noch geheiratet. Mittlerweile hat sich der Advent einerseits als eine Zeit der Vorfreude entwickelt - denn Gott kommt nicht als gewaltiger Herrscher, sondern als Mensch an Weihnachten zur Welt. Andererseits liegt der Akzent in der Stille und in der inneren Einkehr. Der Advent will das Leben verlangsamen, er will Zeit und Raum bieten, in denen die unerfüllten Sehnsüchte der Menschheit nach Frieden und Versöhnung gespürt werden können. Die Kommerzialisierung des Weihnachtsgeschäftes steht in einem Widerspruch zu dieser ursprünglichen Bedeutung der Adventszeit. Hier versucht die Krippen- und Lichtinstallation in der Citykirche St. Mariae Himmelfahrt zu einer veränderten, besinnlicheren Gestaltung der Adventszeit einzuladen.

Die Adventszeit wurde erstmals im 5. Jahrhundert im Gebiet um Ravenna (Italien) gefeiert. Der Sonntag vor Weihnachten wurde der Vorbereitung der Geburt Christi gewidmet. Älteste Spuren für eine mehrwöchige Vorbereitungszeit finden sich in der jungen Kirche in Gallien und Spanien. Damals begann der Advent bereits am Tag nach dem Martinsfest (11. November). In Rom hielt eine Adventsliturgie im 6. Jahrhundert Einzug. Gregor, der Große, setzte erstmals die Zahl der Adventssonntage auf vier fest - in Mailand feiert man aber noch heute eine sechswöchige Adventszeit. Im 13. Jahrhundert wurde die römische Liturgie durch den Franziskanerorden weit verbreitet. Pius V. schrieb um 1570 die römische Adventsliturgie endgültig für die gesamte Kirche fest. Seitdem beginnt die Adventzeit weltweit am vierten Sonntag vor dem Weihnachtsfest.

Weihnachten

Das Weihnachtsfest – aus dem Mittelhochdeutschen: »ze den wihen nahten«, zu den geweihten (= heiligen) Nächten – ist das Fest der Geburt Jesu Christi. Es wird heute fast in der gesamten christlichen Welt – am 24. Dezember mit dem Heiligen Abend beginnend – und am 25. Dezember gefeiert. Ursprünglich feierte die christliche Gemeinde kein Weihnachtsfest, sondern die Taufe als Erscheinung des Herrn am 6. Januar beim Epiphaniasfest (Epiphanie = Erscheinung des Herrn). Der 6. Januar galt zugleich als Jahresanfang. Erst im 4. Jahrhundert n. Chr. nahm das Fest der Geburt Jesu in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember an Bedeutung zu, der früheste Beleg findet sich für das Jahr 354 n. Chr. in Rom. In der Bibel selber findet sich keine Angabe über den genauen Tag der Geburt Jesu. Der Festlegung des Weihnachtsfestes kam entgegen, dass der 25. Dezember in der Antike als Geburtstag des »Sol invictus«, des »unbesiegten Sonnengottes«, galt. Zudem fielen das Fest der Wintersonnenwende und das Julfest der Germanen ebenfalls auf diesen Tag. Die tatsächlichen Umstände am Geburtstag Jesu Christi waren sicherlich wenig erfreulich. In Einsamkeit und persönlicher Not, in einer kargen Unterkunft wird in einer politisch wirren Zeit unter unscheinbaren Umständen Gottes Sohn geboren. Die Weihnachtsgeschichte nach Lukas (siehe Anhang) gibt hierüber ein anschauliches Bild.

Anhang

1 Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. 2 Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. 3 Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt. 4 Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids war, 5 damit er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger. 6 Und als sie dort waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. 7 Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge. 8 Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. 9 Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. 10 Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; 11 denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. 12 Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. 13 Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: 14 Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens. 15 Und als die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen nach Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. 16 Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen. 17 Als sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, das zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. 18 Und alle, vor die es kam, wunderten sich über das, was ihnen die Hirten gesagt hatten. 19 Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. 20 Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war. 21 Und als acht Tage um waren und man das Kind beschneiden musste, gab man ihm den Namen Jesus, wie er genannt war von dem Engel, ehe er im Mutterleib empfangen war.

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