Lumen Tenebris | Konzept


Tür zum Leben



Abb.: Tür zum Leben;
St. Foillan, Aachen


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»Ich bin die Tür, wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden …«

(Joh 10, 9)

Die Idee

Stellen sie sich einmal vor, es ist Freitagnacht 22.00 Uhr. Auf der Aachener Krämerstraße sind unzählige Menschen unterwegs, die zur dritten Nacht der offenen Kirchen kommen oder in der City ihre Freizeit verbringen wollen. Sie bleiben vor der offenen Tür der St. Foillan-Kirche stehen und sehen einen hellen Raum, in dem Menschen sich bewegen.

Sie treten ein und stehen vor einem überdimensionalen Portal, das sich in der Mitte des Kirchenschiffes befindet und nur einen Spalt weit geöffnet ist. Auf den Türflügeln erkennen sie Szenen aus der Bibel die sich mit Bildern aus dem täglichen Leben abwechseln. Das Portal versperrt den weiteren Blick in das Kircheninnere, nur durch den Spalt fällt gleißendes Licht, welches den Besucher geradezu verführt hindurch zu gehen.

Nach einem kurzen Verweilen entschließt sich der Besucher tatsächlich durch den Spalt zu gehen und die Schwelle des Portals zu überschreiten. Er steht vor der hell erleuchteten Apsis, in deren Zentrum sich der von Kerzen illuminierte Altar befindet. Menschen umschreiten den Altar auf dem Brot und Wein stehen. Sie stehen für alles, was der Mensch zum Leben benötigt und erinnern gleichzeitig an die Gaben der Eucharistie. Durch das Aufstellen von kleinen Kerzen am Fuße des Altares, kann der Besucher seine Dankbarkeit gegenüber dem Schöpfer und seine Verbundenheit mit Jesus Christus ausdrücken.

Das Ziel

Für eine Nacht wird ein Traum-Raum, dieses Mal mit einem überdimensionalen Portal in der St. Foillan-Kirche installiert, eine Türe von der Jesus selber sagt: »Ich bin die Tür. Wenn einer durch mich hinein geht, wird er gerettet werden.« (Joh 10,9). Die Besucher stehen in dieser Nacht plötzlich ganz real vor dieser Tür. Jesu Wort richtet sich direkt an die Besucher und sie stehen vor der Entscheidung durch diese Tür zu schreiten. Unterstütz wird dieser Entscheidungsprozess durch Bildprojektionen, Licht und Musik.

Die St. Foillan-Gemeinde will mit diesem Beitrag zur Nacht der offenen Kirchen den Menschen in der City einen niederschwelligen, unmittelbaren und zeitgemäßen Zugang zu einer Grundaussage unserer christlichen Botschaft bieten:

»Ich bin die Tür. Wenn einer durch mich hinein geht, wird er gerettet werden.«

Wir Christen sind dankbar, weil uns diese Tür geschenkt ist, Jesus Christus. Seine frohe und befreiende Botschaft vermag unsere Angst vor der Zukunft zu nehmen und uns Mut zu geben für unser Leben. Seit der Geburt Jesu ist Gottes Tür offen, und deswegen können wir offen sein, für ihn und für andere.

Die Sinne der Besucher, die Fenster ihrer Seele nach außen, wie es Aristoteles formulierte, werden eingeladen, sich zu öffnen für eines der größten Geheimnisse des Menschseins, der Erfahrung der Verbindung zu einem transzendenten Gegenüber, den wir als Christen als den dreifaltigen Gott bekennen. Die Sehnsucht in den Menschen nach dieser Dimension ihres Lebens wach zuhalten, ihnen neue Hoffnung zu geben und für die Annäherung daran Raum zu geben, ist eine der wichtigsten Aufgaben der Kirche in unserer Zeit. Die Besucher stehen in dieser Nacht in der Kirche plötzlich ganz real vor dieser Tür. Sie gehören Plötzlich zu den Menschen, an die sich Jesu Wort richtet. Was bedeutet das für mich? Kann ich mich darauf einlassen? Wohin führt diese Tür? Was ist dahinter? Werde ich die Schwelle wirklich übertreten?

Das Symbol: Tür

Die Tür ist das Symbol einer Grenze, hinter ihr beginnt etwas Neues. So wie sie den Raum strukturiert, ihn öffnet bzw. verschließt, so kann sie auch Sinnbild sein für die Eröffnung eines neuen Zeitraums, eines neuen Lebensabschnitts.
Der Umgang mit Türen in der alltäglichen Lebenswelt ist für uns selbstverständlich. Es gibt unsagbar viele Arten, in Gebäuden, in Zäunen und Mauern, in Fahrzeugen und in Geräten. Sie dienen als Durchgang, Eingang und Ausgang, als Verbindungs- oder Trennungselemente, als Schutz, als Abgrenzung nach außen.

Türen begegnen uns in Geschichten und Märchen. Oft verbergen geschlossene Türen ein Geheimnis und macht uns neugierig.

Ferner taucht das Wort Tür über das gegenständlich Gemeinte in bildhafter Redewendung im alltäglichen Sprachgebrauch auf: z.B.: »Jemandem die Tür vor der Nase zuschlagen«, mit der Tür ins Haus fallen, eingeschnappt sein, offene Türen einlaufen u.v.m.

Türen können auf dieser bildlichen Ebene als verbindende bzw. trennende Elemente zwischen Menschen verstanden werden. Offene Türen verknüpfen wir meistens mit positiven Empfindungen und Assoziationen, mit (Gast-)Freundschaft, Offenheit der Menschen, Gemeinschaft, Einladung und Kontaktfreudigkeit, geschlossene Türen dagegen mit Sich-Abkapseln, Sich-Isolieren, Sich-Zurückziehen, Eingeschlossen-Sein.

Da Bilder und Symbole einen ambivalenten Charakter besitzen, lassen sich jedoch immer auch andere Deutungen finden. So assoziieren wir mit geschlossenen Türen auch Gedanken an Schutz, Geborgenheit, Privatsphäre; und mit offenen Türen Schutzlosigkeit und Ausgeliefertsein.

Die Tür ist ein viel gebrauchtes Bildwort, das auch von der biblischen Sprache aufgegriffen wird.

Dieser bildhaften Charakter will erfahren sein. Die real vorhandene Tür konfrontiert die Besucher mit diesem Bild und eröffnet ihm so einen Erfahrungsraum zu einem verstehenden Deuten der Welt und zum Umgang mit der biblischen Botschaft.

Mit den Medien des Traum-Raums, dem überdimensionalen Bild, der Musik und dem Licht, lässt sich die oft so wortlastige christliche (Gottesdienst-)Tradition auf das Experiment einer non-verbalen, unmittelbaren Verkündigung mittels der Primärreize ein.

Die Bibel als Traum-Raum

Traum-Räume sind dem biblischen Denken nicht fremd. Wichtige Teile der Offenbarung in der Heiligen Schrift finden in Traum-Räumen statt. Vom Aufbruch des Abraham bis zur Offenbarung des Johannes zeigt Gott dem Träumenden seinen Willen, weist ihm den Weg, schenkt heilsame Bilder, die bis heute in uns lebendig sind. Ob es Jakobs Leiter bis in Himmel ist oder Jesaja, der den Saum von Gottes Herrlichkeit sieht, ob Gott durch einen Engel Maria die Geburt seines Sohnes Jesus verkündet oder Johannes, der in tiefster Bedrängnis das himmlische Jerusalem als befreiende Vision erfährt, alles das sind Geschichten aus den Traum-Räumen, die Gott für uns eröffnet hat und die uns die Bibel überliefert.

Die Bilder dieser genannten Geschichten und viele mehr sind schon heute im Bilderschatz der St. Foillan-Kirche zu finden, im Ambo, in den Chorfenstern und auf vielen anderen Ausstattungsstücken.

Die Tür im Ersten und Zweiten Testament und der Theologische Hintergrund

1. In der Bibel taucht das Bild der Tür sowohl im Ersten als auch im Zweiten Testament auf und zwar dort, wo Gott befreit und erlöst, wo er vergibt und Zukunft eröffnet. In der Erzählung vom Auszug aus Ägypten kommt der Tür, die mit Blut bestrichen wird, eine wichtige Bedeutung zu für die Befreiung und Erlösung des Volkes Israel (vgl. Ex12). Überhaupt ist die Tür im kultischen Handeln Israels ein wichtiger Ort, häufig wird von der Tür der Stiftshütte geredet im Zusammenhang mit Gottes Erscheinen und Handeln.
Ex 26,31-33 nennt den Vorhang, der das Allerheiligste vom Heiligen, also den Bereich Gottes von dem der Menschen trennt. Wenn in der Todesstunde Jesu dieser Vorhang zerreißt, weist das darauf hin, dass diese Trennung hier durchbrochen wird (vgl. Mt 27,51par.).

Auch die Tür zum Allerheiligsten im Tempel ist zu erwähnen, durch die nur der Hohepriester einmal im Jahr hindurch schritt, und zwar am Versöhnungstag. Auf die Pforte des Himmels in Gen 28 wird im Zweiten Testament Bezug genommen: die offene Himmelstür gibt den Blick frei hin zu Gott (Apk 4,1 ff), Joh bringt die Szene in Zusammenhang mit Jesus, dem Menschensohn (1,51).

Sehr zentral ist die Rede von der engen Pforte und der verschlossenen Tür in Lk 13,22 ff und den Schlüsseln des Himmelreichs in Mt 16,16 ff. Insgesamt lässt sich sagen, dass im Zweiten Testament Gottes Handeln in Jesus als Öffnen der Tür zum Paradies (Gen3) ausgelegt wird, die seit dem Sündenfall geschlossenen war. Zugespitzt redet das Zweite Testament von Jesus selbst als der Tür (vgl. Joh. 10,7; 9a).

Viele Jesusgeschichten lassen sich inhaltlich als Türen öffnen betrachten. Jesus durchschreitet Türen, weil er Mauern und Abgrenzungen überwinden will; er öffnet sich für andere, er lebt in all seinem Handeln die Zuwendung Gottes. Die Menschen, denen Jesus sich zuwendet und denen er somit Türen öffnet, sind Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben. Jesus nimmt all diese Leute wahr, schenkt ihnen seine Zuwendung und eröffnet ihnen so eine neue Perspektive. Dieses erfahren z.B. Kranke (Mk 2, 1–12), Blinde (Mk 10, 46–52), Kinder (Mk 10, 13–16), Sünder (Joh 8, 1–11) und Zöllner (Mk 2, 13–17; Lk 19, 1–10).

Dass Menschenherzen sich öffnen für Gott und für andere, ist weniger als Appell, sondern als Konsequenz aus Gottes vorausgehendem Handeln gemeint. Im Sinne von neutestamentlicher Nachfolge ergibt sich menschliches Verhalten aus dem, was das Evangelium zusagt: Seit der Geburt Jesu ist Gottes Tür offen, und deswegen können wir offen sein, für ihn und für andere. Wir feiern Weihnachten, weil Gott Jesus auf die Erde zu uns Menschen schickte, bei denen er offene Türen sucht.

Die Bildrede der offenen und geschlossenen Türen kann Biblisches und Gegenwärtiges aufnehmen und verschränken. Die Besucher sollen Jesus/Gott kennen lernen, als jemanden, bei dem die Türen immer offen stehen, der allen Menschen Türen öffnen will und dies an vielen Stellen getan hat.

Nach unserer christlichen Überzeugung ist nämlich Jesus Christus der Mittel- und Angelpunkt von Zeit und Geschichte (vgl. Gal 4, 4 und Heb 1, 2). Er vermag, auch unserer Lebenszeit einen Sinn zu verleihen und sie zu strukturieren. Durch ihn ist unsere Zeit in der Ewigkeit Gottes aufgehoben, d.h. unsere Stunden und ihre Inhalte erhalten einen bleibenden Sinn, wenn wir uns von ihm getragen und begleitet wissen. Jesus, die Tür. Diese Tür befreit von Schuld und Angst, vermittelt Mut und Sicherheit, erweckt Hoffnung und ermutigt zur helfenden Tat, wendet Trauer in Freude, führt vom Dunkel ins Licht, vgl. Lk 4, 18 f

Was erfahren Menschen, für die Jesus zur Tür geworden ist, z.B. der Glaube an Jesus hilft, die richtige Entscheidung im Leben zu finden; … sich in einer Gemeinschaft geborgen zu fühlen; … gibt Mut und Kraft, sich für andere Menschen einzusetzen; … schenkt den Mut zur Wahrhaftigkeit und Treue; … gibt Hoffnung und Geduld in Krankheit; … vermittelt Vertrauen ins Leben trotz aller Probleme und Dunkelheiten; usw. Jesus macht das Dunkel hell. Jesus will, dass Streit und Krieg ein Ende haben. Jesus gibt uns Kraft, einander Gutes zu sagen und zu tun.

Denn er ist die Tür (Joh 10, 9). Wer durch diese Tür geht, gewinnt das ewige, das echte und bleibende Leben, das hier und jetzt schon beginnt, indem es unsere Tage und Stunden in einem neuen Licht erscheinen lässt und ihnen dauerhaften Sinn verleiht.

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