Lumen Tenebris | Konzept


Gottes sich selbst verzehrende Liebe



Abb.: Gottes sich selbst
verzehrende Liebe;
St. Maternus, Gangelt-Breberen



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»Lass mich eindringen in die Unermesslichkeit der Liebe, die dich bewogen hat, uns die Eucharistie zu geben.«

Einleitung

Im Lateinischen heißt dieser Tag »Feria V in Cena Domini« (5. Wochentag im Abendmahl des Herrn/5. Tag der Heiligen Woche). Die Übersetzung Gründonnerstag leitet sich wahrscheinlich vom mittelhochdeutschen Wort: greinen oder grienen, ab. Es muss wohl auf den Umstand bezogen werden, dass früher an diesem Tag die zur Kirchenbuße verurteilten Gläubigen (auch Büßer und »Weinende« genannt) wieder in die kirchliche Gemeinschaft aufgenommen wurden.

Die Liturgie des Gründonnerstagabend ist vor allem Gedächtnis an das Letzte Abendmahl Jesu und die dabei vollzogene Einsetzung der Eucharistie geprägt, aber auch von dem dabei vollzogenen Ritus der Fußwaschung, dem Symbol seiner dienenden Liebe.

Das Tagesgebet stellt die Einsetzung der Eucharistie als Opfer und als Gastmahl der Liebe in den Mittelpunkt und bete, »dass wir aus diesem Geheimnis die Fülle des Lebens und der Liebe empfangen«.

»Da Jesus die Seinen liebte, liebte er sie bis ans Ende« (Joh. 13, 1–15). Und gerade in den letzten Stunden der Vertraulichkeit mit den Seinen wollte er ihnen das größte Pfand der Liebe geben. Es waren Stunden inniger Vertrautheit, doch auch quälender Angst. Judas hatte schon den Preis des ruchlosen Handels ausbedungen, alle werden ihn bald verlassen. Petrus wird ihn verleugnen.

Die Einsetzung der Eucharistie erscheint als die Antwort Jesu auf den Verrat der Menschen, als das größte Geschenk seiner unendlichen Liebe für die äußerste Undankbarkeit. Es ist der barmherzige Gott, der das rebellische Geschöpf nicht mit Drohungen, sonder durch die zartesten Erfindungen seiner unendlichen Liebe belehrt.

So viel hat Jesus für den sündigen Menschen getan und gelitten; und siehe: in eben dem Augenblick, in welchem die menschliche Bosheit die letzte Tiefe ihres Abgrundes erreicht, bietet Jesus sich den Menschen nicht nur als Erlöser an, der am Kreuz für sie stirbt, sondern als Speise, um sie mit seinem Fleisch und seinem Blut zu nähren.

Es scheint, als erschöpfe er die Quelle seiner Liebe. In wenigen Stunden wird der Tod ihn der Erde entreißen, in der Eucharistie aber wird seine lebendige und wirkliche Gegenwart andauern bis ans Ende der Zeiten.

Beim Letzten Abendmahl hinterlässt Jesus uns zugleich mit dem Sakrament der Liebe das Testament der Liebe: das lebendige und sichtbare Testament des Beispiels seiner wunderbaren Demut und Liebe in der Fußwaschung und das mündliche Testament in der Ankündigung des »Neuen Gebotes«.

Das Evangelium dieser Messe zeigt Jesus, wie er den Aposteln die Füße wäscht, und endet mit den Worten des Meisters: »Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr tut, wie ich euch getan habe.« Es ist dies eine dringliche Einladung zur brüderlichen Liebe als Frucht unserer Vereinigung mit Jesus, als Frucht unserer eucharistischen Kommunion. Er hat beim Letzten Abendmahl ausdrücklich davon gesprochen: »Ich gebe euch ein neues gebot: Liebt einander. So wie ich euch geliebt habe, so liebet einander« (Joh. 13, 34).

Die Licht-, Kunst- und Klanginstallation

Vor dem Beginn der heiligen Messe erklingt das Spen in alium, eine 40stimmige Motette für acht fünfstimmige Chöre, es ist zweifellos das gewandteste mehrchörige Werk der Renaissance- und Barockzeit, von Thomas Tallis (†1585). Der Text lautet:
»Nie habe ich Hoffnung in einen anderen gesetzt als in dich, Gott Israel, der zürnen oder gnädig sein kann und alle Sünden der bedrängten Menschen vergibt. Herr Gott, Schöpfer des Himmels und der Erde, gedenke unserer Niedrigkeit.«

Der Altar, auf bzw. an ihm feiert die Gemeinde das Mahl, das uns mit Jesus Christus verbindet. Er bildet den zentralen Ort in der Kirche, an diesem Ort schenkt er sich uns als Zeichen seiner Liebe und Verbundenheit. Hier erhalten wir Christen mitten in der Welt, im wahrsten Sinne des Wortes, Nahrung für unsere Hoffnung und eine Vorahnung auf die Herrlichkeit Gottes.

Dieser Altar ist festlich gedeckt mit eine überdimensionalen Tischtuch auf welches eine Flamme projiziert wird. »Elementorum nobilissium«, dass edelste aller Elemente; so nennt ein Exeget des 17. Jahrhunderts das Feuer. Es ist das lebendigste, reinste, feinste und wirksamste unter den in der Antike so genannte »Element«, Quelle des Lichts und der Wärme, die es von der Sonne in den Weltenraum entsendet und als Erdenfeuer auf manigfache Weise ausstrahlt.

Im Menschenleben ist es unentbehrlich. Es erfasst alles, was ihm nahe kommt, um es zu verzehren oder zu durchglühen. Immer strebt eine Flamme nach oben, mit größter Schnelligkeit greift es um sich. »Das Feuer sagt niemals, Es ist genug!«, heißt es im Buch der Sprüche (30, 16). Gewisse Materien bringt es zum Schmelzen, andere härtet es. Zu den segenreichen Wirkungen des Feuers steht die Furchtbarkeit seiner entfesselten Gewalt und seines schmerzlichen Brennens im grellsten Gegensatz. Diese auf den Altar projizierte Flamme symbolisiert die sich selbst verzehrende Liebe Gottes für den Menschen, durch Jesus Christus im Abendmahl und im Leiden und Sterben Jesu.

Vor dem Altar steht die brennende Osterkerze, das Christussymbol in der katholischen Tradition. Sie zeigt nochmals die jetzige Gegenwart Gottes bei dieser hl. Messe auf und dient gleichzeitig als Ersatz für das schon erloschene »Ewige Licht« am Tabernakel.

Als Zeichen der bevorstehenden Leiden Jesu und der unsrigen Trauer ist das Kruzifix über dem Tabernakel in schwarze Stoffbahnen gefüllt.

Zum Gloria, dem »Ehre sei Gott in der Höhe …« läuten alle Glocken der Pfarrkirche und werden darauf schweigen bis zur Osternacht. Dieses schweigen der Glocken während des österlichen Triduums hat eine lange Tradition. Amalar von Metz († um 850) sieht darin den Ausdruck der Demut in Nachahmung der Erniedrigung des Herrn.

Bei der Fußwaschung wird die Kirche in ein zartes Blau getaucht werden. Diese Fußwaschung, in der damaligen Zeit Aufgabe der Sklaven an den Gästen des Hauses, wird zum deutlichen Zeichen dafür, dass die Liebe Jesu zu den Menschen unbegrenzt ist, bis zur Hingabe im Kreuzestod. Die Farbe Blau ist die tiefste und am wenigsten materielle Farbe, das Medium der Wahrheit, die Transparenz der komprimierten Leere: in der Luft, dem Wasser, dem Kristall oder Diamant. Darum ist Blau die Farbe des Firmaments. Blau besagt ferner auch Treue, im Sinne des verpflichtenden Charakters der erkannten Wahrheit.

Zur Kommunion erklingt die Synchronie No. 2 von Louis Hardin für Streichquartett. Diese freudige und wiegende Musik lädt uns ein zum gemeinsamen Mahl der Liebe.

Nach dem Schlussgebet werden die für den Karfreitagsgottesdienst vorauskonsekrierten Gaben in feierlicher Prozession zum Tabernakel übertragen. Zusätzlich nehmen die Ministranten die Osterkerze von Altar weg und stellen diese am Tabernakel auf. Dazu erklingt das Ubi Caritas et Amor, das von Maurice Duruflé 1960 im Rahmen seiner Quatre Motets vertont wurde. Duruflé verbindet das spirituelle Element des Gregoranischen Gesanges mit einem polyphonen Kontext, während er eine Geschmeidigkeit des Rhythmus erreicht, die dem menschlichen Gebet ähnlich ist. Der Text lautet:

»Wo Erbarmen und Liebe ist, da ist Gott. Die Liebe Christi hat uns zu einem zusammengebracht. Lasst uns erfreuen in dieser Liebe selbst. Lasst uns preisen und lieben den lebendigen Gott. Und lasst uns ihn lieben von ganzem Herzen. Amen.«

Vor dem offenen Tabernakel stimmt der Priester das Tantum ergo an. Danach findet die denudatio altaris, das Entfernen des Altarschmuckes in Stille statt. Das große Altartuch wird vom Altar gezogen wobei die Projektion der Flamme aus dem nackten Altarstein weiterläuft, alle Kerzen werden bis auf die Osterkerze gelöscht und aus ihren Leuchter entfernt, als Zeichen der beginnenden Leiden Christi. Hierzu erklingt das von dem römischen Benediktiner Pater Giacinto Scelsi komponierte Antifona, die Anrufung des Namen Jesu, und lädt sie zur stillen Anbetung am Ende der heiligen Messe ein.

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